Dienstag, 3. April 2012

Exklusives MJJC Q&A mit Dr. Steve Shafer, Teil 2

(uebersetzt von Milka fuer MJJC)

Dies ist Teil 2 von 3 von Dr. Steve Shafer's Antworten auf Fragen der MJJCommunity. Im
zweiten Teil beantwortet Dr. Shafer Fragen ueber Dr. Paul White, Conrad Murray und Michael
Jackson's Tod.

Fragen ueber Dr. White














MJJC: Waehrend des Prozesses schien es als gaebe es eine Feindseligkeit oder ein Zerwuerf-
nis zwischen Ihnen und Dr. White. Haben wir damit recht? Wenn ja, stammt dieses Zerwuerfnis
aus den Ereignissen des Prozesses oder gibt es eine Vorgeschichte dazu?

Dr. Steve Shafer: Paul ist seit fast drei Jahrzehnten mein Freund. Der Paul White, den ihr
im Fernsehen gesehen habt, ist nicht der Paul White, den ich seit der medizinischen Hoch-
schule kenne. Er hat viele Beitraege zu unserem Fachgebiet geleistet. Es ist meine Hoffnung,
dass seine Beitraege sein permanentes Vermaechtnis sind, nicht die Verteidigung von Conrad
Murray.

Paul war mein geschaetzter Mentor seit ich Medizinstudent war. Ich war nicht sein "Student",
wie Chernoff erklaert hat, und ich habe die Implikation, dass Paul mir beigebracht hat, was
ich ueber Propofol weiss, nicht geschaetzt. Paul hat mich jedoch in allem beraten, von der
medizinischen Hochschule bis hin zu Liebesangelegenheiten. Ich habe von Chernoff erwartet
zu fragen "War Dr. White fuer Sie nicht ein Mentor?" Ich war bereit zu sagen "ja".

MJJC: Was haben Sie ueber Dr. White's Aussage und sein Verhalten gedacht? Hat irgendetwas, das er gesagt hat, Ihre Meinung ueber Ihren Kollegen geaendert? Waren Sie ueberrascht von den Dingen, die er gesagt hat und von den Dingen, die er getan hat (wie seine Kommentare zu den Medien) oder nicht getan hat (wie nicht seine eigenen Charts zu machen, das Beagle-Experiment nicht zu leiten)?

Dr. Steve Shafer: Es waren faktische Fehler in Paul's Aussage. Paul ist zu hervorragender
Wissenschaft faehig. Ich kenne die Dynamik der Beziehung zum Team der Verteidigung nicht,
die ihn dazu gefuehrt hat, die schwere Arbeit nicht zu tun, die er gewoehnlich tut, wenn
es um das Pruefen von Literatur geht. Ich wuenschte, er haette mich im Voraus kontaktiert.
Ich haette ihm gerne geholfen, die Literatur durchzusehen und die Wissenschaft zu erklaeren.

Paul ist an den unterschiedlichen Ansaetzen der Wissenschaft und des Gesetzes in Bezug auf
das Feststellen der Wahrheit gescheitert. Wenn das eine Diskussion ueber ein wissenschaft-
liches Manuskript gewesen waere, haetten Paul und ich direkt gesprochen, ohne Anwaelte, die
versuchen, jeden von uns zu diskreditieren. Wir haetten Papiere organisiert und Argumente
und haetten es in E-Mails ausgefochten, oder vielleicht ueber einem verlaengerten Mittag-
essen in einem unserer mexikanischen Lieblingsrestaurants. Das haette funktioniert und die
Wissenschaft waere richtig gewesen (zumindest so "richtig", wie wir es hinkriegen koennen).
Es wuerde keine nachteiligen Konsequenzen fuer einen von uns geben. Als Wissenschaftler,
die zusammenarbeiten, um es "richtig hinzubekommen", haetten wir es gut gemacht. Das
Strafjustizsystem ist nicht dafuer gedacht, Wissenschaftlern zu erlauben, gegenteilige
Seiten zu repraesentieren in einem Versuch, die Wahrheit zu finden.

MJJC: Sind Sie noch immer mit Dr. White befreundet?

Dr. Steve Shafer: Es mag einige verletzte Gefuehle geben, aber wir werden darueber hinweg
kommen. Wir haben viel gemeinsame Geschichte.

MJJC: Sie haben mit Dr. White gearbeitet und sie sind/waren mit ihm befreundet. Wie ist es
also moeglich, 2 komplett unterschiedliche Meinungen von 2 Leuten, die sich so nahestehen,
darueber zu haben, was am 25. Juni 2009 passiert ist?

Dr. Steve Shafer: Paul White hat im Gericht zugegeben, dass er nur Szenarien mit Selbst-
injektionen in Betracht gezogen hat. Das hat die Szenarien, die er in Betracht gezogen hat,
stark limitiert.

MJJC: Was denken Sie ueber Ihren Kollegen Dr. White von einem medizinischen Standpunkt, der keine Muehen gescheut hat, um Conrad Murray's Handlungen zu rechtfertigen.

Dr. Steve Shafer: Ich verstehe es ueberhaupt nicht.

Fragen ueber Dr. Murray

MJJC: Haben Sie Conrad Murray absichtlich nicht als Doktor in Ihrer Aussage bezeichnet?
Haben Sie von den Nachrichtenmeldungen darueber gehoert, wie wuetend ihn das machte?

Dr. Steve Shafer: Das war mir nicht bewusst. Es entspricht gar nicht mir, ihn als "Mr. Murray"
zu bezeichnen, weil es meine Gewohnheit ist, respektvoll zu sein. Ich habe ihn wahrschein-
lich als "Conrad Murray" bezeichnet. Wenn ich ihn nie "Dr. Conrad Murray" genannt habe, dann
ist das tatsaechlich ein Freud'scher Versprecher. Ich sehe ihn nicht als Arzt.

MJJC: Zuschauer zu Hause konnten sehen, wie Murray seine Beherrschung verloren hat, als
Sie Ihre IV-Demonstration begonnen haben, war das Aufblitzen seiner Zorns fuer Sie zu bemerken von dort, wo Sie im Gerichtssaal standen?

Dr. Steve Shafer: Ich habe darueber gelesen, aber habe es selbst nicht beobachtet. Ich war
auf die Geschworenen konzentiert.

MJJC: Wenn ja, hatten Sie Angst davor, was Murray tun koennte (z. B. dachten Sie, es waere
moeglich, dass er Sie koerperlich attackiert)?

Dr. Steve Shafer: Ueberhaupt nicht.

MJJC: Was sind Ihre Gedanken in Bezug auf Murray als Arzt?

Dr. Steve Shafer: Ich glaube, er hat das fundamentale Vertrauen zwischen Aertzen und Patienten verletzt, und dass er das getan hat nicht in einem isolierten Vorfall unter Zwang, sondern absichtlich und wiederholt. Das ist nicht etwas, das ein Arzt tun wuerde.

MJJC: Haben Sie von der Conrad Murray-Dokumentation gehoert oder sie gesehen?

Dr. Steve Shafer: Nein, ich habe nur davon gehoert.

MJJC: Wenn ja, was denken Sie darueber. Denken Sie, dass seine Teilnahme an dieser Dokumentation zusaetzlich Murray's Fehlen von professioneller Ethik beweist und dass er ein unpassender Kandidat fuer den Arztberuf ist?

Dr. Steve Shafer: Ich kann mir nicht vorstellen, warum er an einer Dokumentation teilnehmen
wuerde, die vor der Verkuendung des Strafmasses gezeigt wird. Offenbar haben sie die An-
waelte gefilmt, wie sie sich gegenseitig beschimpft haben, mit Paul White und Conrad Murray
auf einer Couch in Flanagan's Haus. Es erscheint unbesonnen von allen Involvierten.

Fragen zur Rolle von Propofol in Michael Jackson's Tod



MJJC: Basierend auf allem, was Sie wissen, was denken Sie, dass am 25. Juni 2009 passiert
ist?

Dr. Steve Shafer: Michael Jackson starb an Atemstillstand (seine Atmung stoppte) waehrend
er Propofol bekommen hat, genau wie der Leichenbeschauer berichtet hat. Es gab eine Beteili-
gung von Lorazepam, auch berichtet vom Leichenbeschauer. Der Leichenbeschauer hatte recht.

MJJC: Wie ueberzeugt sind Sie davon, dass Michael Jackson in der Nacht an einem Drip hing?

Dr. Steve Shafer: Ich bin vollkommen ueberzeugt. Murray hat zugegeben, jede Nacht einen
Drip verwendet zu haben. Er hat gesagt, er versuchte, Michael Jackson zu entwoehnen. Ich
glaube ihm nicht. Das Propofol-Level im Urin deutet massive Dosen an, mehr als 2000 mg,
wie ich in meiner Rebuttal-Aussage erklaert habe. Das Blut-Level zeigt anaesthetische
Konzentrationen an Propofol. Das passt alles zu einer Infusion (Drip).

MJJC: Wenn wir Murray's Polizei-Interview nicht beruecksichtigen, in Ihrer professionellen Meinung, wie lange war MJ tot before Murray ihn schliesslich fand? Einige Experten haben den Eindruck, dass die Verzoegerung im Rufen von 911 nur dadurch erklaert werden kann, dass er wusste, dass MJ bereits tot war.

Dr. Steve Shafer: Ich denke, er war schon tot, aber das ist wirklich spekulativ. Ich glaube
nichts, was Conrad Murray sagt, und es gibt keine Aufzeichnungen. Meine Vermutung, dass er
tot war, basiert auf dem limitieren Fenster zwischen dem Aufhoeren der Atmung und dem Tod
(10 - 20 Minuten). Murray haette ihn in dem Fenster beobachten muessen, um eine Chance zu
haben, ihn wiederzubeleben.

MJJC: Es gibt Geruechte, dass Michael in der Tat eine Mahlzeit gegessen hat in der Nacht als
er in Murray's sogenannter "Betreuung" gestorben ist. Denken Sie, Michael hat die erforder-
liche Zeit lang gefastet? Oder ist das noch eine weitere Abweichung vom Pflegestandard von
Murray? Was sind Ihre Gedanken dazu?

Dr. Steve Shafer: Ich bin mir keiner Daten gewahr, die andeuten, dass Michael Jackson jemals gefastet hat. Das kommt nirgends in den Akten vor. Meine Vermutung ist, dass er gegessen hat, weil er wahrscheinlich hungrig war nach einer kraftvollen Probe.

MJJC: Was denken Sie ueber den 19. Juni (Kenny Ortega's E-Mail, in der er Michael's Schuettelfrost beschreibt und dass er verloren wirkte) und ueber den 21. Juni (Syptome von heiss und kalt wie von Cherylin Lee beschrieben). Woher koennten diese Symptome kommen?

Dr. Steve Shafer: Es ist schwer, das zu wissen. Die Verteidigung erklaerte, dass es Entzug
von Demerol sein koennte, und das ist richtig. Es koennte auch Entzug von Lorazepam ge-
wesen sein. Propofol-Entzug ist nie beschrieben worden, weil niemand ausser Michael Jackson
jemals Nacht fuer Nacht Propofol gegen Schlafstoerungen bekommen hat. Es koennte jedoch
zumindest in der Theorie Propofol-Entzug gewesen sein.

Es koennte jedoch auch die gewoehnliche Art von Krankheit gewesen sein: Die "Darmgrippe"
oder eine schlimme Verkuehlung. Es ist unmoeglich zu wissen.

MJJC: Haben Sie eine Meinung ueber den 23. und 24. Juni, als Michael sich scheinbar gross-
artig fuehlte? Woher koennte diese Verbesserung kommen?

Dr. Steve Shafer: Ich weiss es nicht. Nach dem Prozess habe ich mir "This Is It" angeschaut. Es gab offensichtliche Aufregung und Überschwaenglichkeit, da die Proben zum Ende kamen und die Tour herannahte. Es koennte einfach Aufregung und Ueberschwaenglichkeit in Erwartung der Tour gewesen sein.

MJJC: Ueberrascht es Sie, dass MJ nicht vor dem 25. Juni gestorben ist, nachdem Sie heraus-
gefunden hatten, dass Murray MJ Propofol ohne entsprechendes Equipment fuer 2 Monate
(Murray zufolge) vor seinem Tod gegeben hatte?

Dr. Steve Shafer: Ja. Ich denke, das ist ziemlich ueberraschend. Wir wissen nicht, ob es
vorhergehende Beinaheunfaelle gegeben hat, weil es keine Aufzeichnungen gibt.

MJJC: Die Audio-Aufnahme vom Mai 2009 von Michael, in der er seine Worte gelallt hatte,
hat viel Aufmerksamkeit bekommen. In einem Interview sagte Dr. Murray, Michael stand waehrend dieser Aufnahme unter dem Einfluss von Propofol. Einige Leute sagen jedoch, Propofol verursacht keine gelallte Sprache. Was denken Sie ueber diese Aufnahme? Haben Sie eine Ahnung, welche Medikamente so eine Sprache verursachen koennen?

Dr. Steve Shafer: Sedativa verursachen lallende Sprache. Das koennte von Midazolam, Lora-
zepam oder Propofol verursacht worden sein.

MJJC: Denken Sie, es gab eine Chance, dass Michael bei guter Gesundheit haette sein koennen und ein normales Leben haette haben koennen nach so einem langen Atemstillstand, selbst wenn die Sanitaeter ihn wiederbeleben haetten koennen?

Dr. Steve Shafer: Definitv, waeren sie rechtzeitig gekommen.

MJJC: Das ist eine schwere Frage, aber wir muessen fragen. Bei einer Ueberdosis an Propofol, die den Tod verursacht, wie es Michael passiert ist, leidet die Person? Fuehlen sie Schmerz? Oder ist es wie im Schlaf zu sterben und man spuert nichts?

Dr. Steve Shafer: Die Frage ist einfach zu beantworten: Es gibt kein Leiden bei einer
Propofol-Ueberdosis. Die Person schlaeft schnell und behaglich ein. Das Gehirn ist tief
unterdrueckt und das Gehirn erlangt das Bewusstsein nicht mehr.

MJJC: Waere Michael Ihr Patient gewesen und haette Sie um Propofol gebeten, um ihm mit dem Schlafen zu helfen, wie haetten Sie reagiert? Was haetten Sie ihm vorgeschlagen? Haetten Sie empfohlen, dass er einen Schlafspezialisten aufsucht?

Dr. Steve Shafer: Absolut die richtige Frage! Ich haette ihn zu einem Schlafspezialisten
geschickt. Er hatte eine sehr ernste Schlafstoerung, die seine Tour bedroht hat, seine
Faehigkeit zu performen, seine Faehigkeit, Musik zu schaffen und potentiell sein Leben. Es
haette dringende Betreuung von jemandem gebraucht, der oder die weiss, was er oder sie tut.

MJJC: Wissen Sie, was die Langzeiteffekte von Propofol-Gebrauch sind? Murray hat angegeben, dass MJ Propofol seit 6 Wochen benuetzt hat, anscheinend, um 8 Stunden oder so pro Nacht zu schlafen. Haben Sie jemals Fallstudien von Patienten gelesen, die das getan haben, oder, wie es im Prozess vorgebracht wurde, war MJ ein Experiment?

Dr. Steve Shafer: Das war ein Experiment. Ich glaube nicht, dass irgendein anderer Patient
auf der Welt das je bekommen hat. Es koennte Langzeiteffekte geben, das ist eine Frage, die
nicht ohne klinischer Forschung beantwortet werden kann. Ich weiss nicht, welche Effekte man
erwarten sollte, aber es erscheint wahrscheinlich, dass sich Toleranz und Abhaengigkeit ent-
wickeln wuerden.

MJJC: Wie ist es mit laengeren Zeitraeumen wie Monaten oder gar Jahren, wenn man tiefe
Sedierung mit Propofol bekommt, koennte es die menschliche Gesundheit und Organe beein-
traechtigen? Ist es moeglich, Propofol fuer eine lange Zeit zu nehmen und keine damit
assoziierten negativen Nebenwirkungen zu haben?

Dr. Steve Shafer: Wir wissen es nicht - die Studien wurden nicht gemacht.

MJJC: Es gibt vielleicht nicht genug Information, um ein klares Bild davon zu haben, was
passiert ist, aber wir wuerden gerne Ihre Meinung darueber wissen, was Murray Michael
verschrieben hat (ab spaeter im Jahr 2006), die Mengen an Midazolam, Lorazepam und Fluma-
zenil, die Murray gekauft hat und die moeglichen Konsequenzen einer solchen Behandlung.

Dr. Steve Shafer: Ich bin mir nicht sicher, auf welche Mengen Ihr Euch bezieht. Ich weiss
die Medikamente, die Murray 2009 gekauft hat, aber habe seine vorhergehende Behandlung von Michael Jackson nicht durchgesehen, weil das nicht in direktem Bezug zu den Fragen stand, die ich versucht habe, im Prozess zu beantworten.

MJJC: Laut seinem Polizei-Interview scheint es, dass Murray wusste, er sollte Lorazepam und
Propofol nicht mischen, deshalb sind wir verwirrt ueber die gleichzeitige Anwendung. Warum
wuerde Dr. Murray oder irgendjemand diese zusammenmischen?

Dr. Steve Shafer:
Es ist nichts Falsches daran, Lorazepam und Propofol zu mehr oder weniger derselben Zeit zu geben. Narkosefachaerzte geben routinemaessig Midazolam am Beginn der Narkose und Propofol ein paar Minuten spaeter. Midazolam und Lorazepam sind eng verwandt. Man muss nur wissen, dass die Effekte "synergetisch" sind, was bedeutet, man muss die Dosis an Propofol reduzieren, wenn man viel Midazolam oder Lorazepam gibt.

MJJC: Haben Sie eine Ahnung, wieviel Lorazepam gegeben worden ist und wann?

Dr. Steve Shafer: Ja, er gab eine Menge. Das Lorazepam-Level im Blut war hoch genug, um zur Todesursache beizutragen, wie es im Bericht des Leichenbeschauers angegeben ist und wie die Verteidigung betont hat. Wie richtig von der Verteidigung dargelegt, war die Lorazepam-Konzentration in seinem Blut genug, um die meisten von uns einschlafen zu lassen. Es waren 8,4 Milligram Lorazepam in seinem Autopsy-Urin und weitere 5,8 Milligram Lorazepam im Urin, der am Tatort gefunden wurde, der vermutlich aus derselben Nacht stammte. Also hat Michael Jackson eine Menge Lorazepam bekommen. Weil es jedoch keine Aufzeichnungen gibt und weil ich dem, was Conrad Murray sagt, nicht traue, ist es schwierig, genauer zu sein.

MJJC: Dr. Kamangar sagte, dass Abhaengigkeit schneller entstehen wuerde, wenn Benzos per
IV gegeben werden. War das also eine "Behandlung", die ihn in hohem Masse abhaengig von
Benzodiazepinen gemacht haette? Wenn Michael ueberlebt haette, waere er in der Lage gewesen, sich davon zu erholen?

Dr. Steve Shafer: Ja auf beide Fragen. Verwendung intravenoeser Medikamente resultiert
typischerweise in schnellerer Abhaengigkeit. Unabhaengig vom Grad der Abhaengigkeit kann
man sich mit der entsprechenden Behandlung davon erholen. Das grosse Problem fuer Michael Jackson waere gewesen, ob er gewillt gewesen waere, von intravenoesen Sedativa fuer den Rest seines Lebens wegzubleiben. Ohne Aenderung in den Lebensprioritaeten ist es oft sehr schwer, Personen, die von Medikamenten abhaengig sind, davon zu entwoehnen.

MJJC: Nachdem Sie wahrscheinlich Stunden durch Murray's Polizei-Interview gegangen sind, dann durch die Beweissstuecke selbst, fuehlten Sie sich schockiert von den Resultaten, zu denen Sie kamen - die Menge an Propofol, die Murray gegeben hatte, um das Blutlevel zu erreichen, das bei der Autopsy gefunden wurde, der verpfuschte Versuch von Murray, seinen eigenen "Tate Gallery of Modern Art"-Drip herzustellen, etc.?

Dr. Steve Shafer: Da Conrad Murray gigantische Mengen an Propofol bestellt hat, um sie Michael Jackson zu geben und da Michael Jackson eine anaesthetische Konzentration von Propofol in seinem Blut hatte, habe ich erwartet, dass die Simulationen bestaetigen wuerden, dass er anaesthetische Mengen von Propofol erhalten hat. Das taten sie.

MJJC: In Ihrer Aussage haben Sie erklaert, dass MJ zuerst einen Atemstillstand hatte und
dann einen Herzstillstand. Dr. Steinberg hat auch aehnlich ausgesagt zu Murray's eigenen
Worten (dass es einen Herzschlag/Blutdruck gab, als er Michael gefunden hat). Wir haben
gesehen, wie die Verteidigung argumentiert hat, dass es zuerst den Herzstillstand gab, statt
zuerst den Atemstillstand. Sogar in der Murray-Dokumentation zeigten sie eine Szene zwischen
den Anwaelten der Verteidigung und dass sie planten, Sie zu fragen, ob direkter Herzstill-
stand moeglich war, aber spaeter entschieden sie, diese Frage nicht zu stellen, weil sie sich
vor einer moeglichen Antwort gefuerchtet haben. Koennen Sie das etwas naeher ausfuehren?

Dr. Steve Shafer:
Ich kann keine Hinweise finden, dass das Szenario dargelegt von der Ver-
teidigung, sofortiger Herzstillstand in 90 Sekunden, je passiert ist. Ich habe Stunden damit
verbracht, nach solchen Hinweisen zu suchen, inklusive Durchsuchen der medizinischen Literatur und dem Kommunizieren mit Firmenangestellten, die Nebenwirkungen von Propofol verfolgen. Nach meinem besten Wissen wurde das nie berichtet. Nicht auch nur einmal.

Ich glaube auch nicht, dass irgendein Narkosefacharzt das je gesehen hat. Es gibt keinen
Mechanismus, durch welchen Lorazepam und Propofol im Zusammenwirken sofortigen Tod verursachen wuerden. Haette der Richter es erlaubt, glaube ich, der Prozess haette auf mehrere Jahre ausgedehnt werden koennen, in denen jeder Narkosefacharzt in den Vereinigten Staaten in den Zeugenstand getreten waere, um auszusagen, dass dieses Szenario kompletter Unsinn ist.

Man bedenke die Absurditaet der Behauptung, dass 25 Milligram ueber 4 Minuten injiziert so
sicher war, dass fast keine Ueberwachung erforderlich war, waehrend dieselbe Dosis ueber 1
Minute so toxisch war, dass sie magischen sofortigen Tod verursacht hat. Das ergibt keinen
Sinn.

Von all den Falschdarstellungen der Verteidigung ist die Behauptung von magischem sofortigen
Tod durch eine kleine Dosis Propofol die Abtraeglichste fuer Patienten. Von der Behauptung
von sofortigen Herzstillstand durch eine sehr kleine Dosis Propofol kann nur erwartet werden,
dass diese die Aengste von Patienten verstaerken, die Sedierung und Narkose brauchen.

MJJC: Soweit wir die Linie der Fragen der Verteidigung und Dr. White's Aussage verstehen,
ist die Theorie der Verteidigung, was am 25. Juni 2009 passiert ist, folgende: Murray gab
MJ Valium und dann 2 Dosen Lorazepam und 2 Dosen Midazolam. Weil MJ nicht in der Lage war, einzuschlafen, gab ihm Murray eine Bolusinjektion mit 25 mg Propofol. Waehrend der Nacht/des Tages (unklar, wann) hat MJ 8 Tabletten Lorazepam ohne das Wissen von Dr. Murray geschluckt. MJ hat sich im Zimmer bewegt, obwohl er an einem IV hing und einen Kondomkatheter trug und all diese Medikamente im Koerper hatte, er hat sich mit einer bereits gefuellten am Nachttisch zurueckgelassenen Spritze, in der sich 25 mg Propofol befanden, selbst injiziert. Was koennen Sie zu der Version der Verteidigung ueber die Ereignisse sagen?

Dr. Steve Shafer: Der hauptsaechliche Punkt ist, dass es keine Rolle spielt. Michael Jackson waere am Leben, wenn Conrad Murray nicht mehrere ungeheuerliche und sittenwidrige Verletzungen des Pflegestandards begangen haette. Er hat Michael Jackson eine Vollnarkose in seinem Schlafzimmer gegeben, ohne Schulung, Ueberwachung oder Backup. Er hat seinen Patienten im Stich gelassen. Als er zurueckkam, war sein Patient entweder tot oder beinahe tot. Das spricht fuer sich selbst.

Wir wissen, dass Michael Jackson viel Lorazepam bekommen hat. Vielleicht hat er Tabletten
geschluckt. Vielleicht hat ihm Conrad Murray mehr intravenoes gegeben als er zugegeben hat.
Was wir wissen ist, es gab nicht genug unmetabolisiertes Lorazepam in Michael Jackson's
Magen, um auf kuerzliche Einnahme hinzudeuten. Wir wissen, dass es Beweisstuecke fuer die
intravenoese Gabe grosser Dosen von Propofol im Zimmer gab. Wir wissen, dass die Menge an unveraendertem Propofol im Urin auf die Gabe von gut ueber 1000 mg (100 ml) Propofol hinweist. Somit ist das Szenario der Verteidigung nicht konsistent mit den physischen oder den Autopsydaten, weder fuer Lorazepam, noch fuer Propofol.

MJJC: Dr. Shafer, Sie sagten, dass der Drip zum Zeitpunkt des Todes wahrscheinlich noch lief,
und das wuerde erklaeren, warum die Propofol-Konzentration im femoralen Blut so hoch war. Aber Dr. White sagte, er bezweifelt, dass Propofol noch immer eingefloesst werden konnte, nachdem die Blutzirkulation gestoppt hatte. Koennten Sie das ausfuehren, bitte?

Dr. Steve Shafer:
Ich habe ausgesagt, dass Michael Jackson waehrend der Infusion gestorben ist, darum war die Blutkonzentration so hoch wie sie war. Er musste nicht am Ende der Infusion sterben, und es gibt keinen Grund zu denken, dass er das tat. Er ist einfach waehrend der Infusion gestorben. Das 100-ml-Propofol-Flaeschchen war leer, ich vermute, dass er starb, bevor das Flaeschchen leer war, aber zu der Zeit, als Conrad Murray ihn fand, war das Flaeschchen auch ausgelaufen.

Ich war ueberrascht, dass die Verteidigung behauptete, meine Simulationen wuerden erfordern,
dass Michael Jackson am Ende der Infusion starb. Es gab kein solches Erfordernis. Ich war
enttaeuscht darueber, dass Paul White dabei mitzog.

MJJC: Fuer den Fall, dass es anfangs den Herzstillstand gab und nicht folgend auf den Atem-
stillstand, wie Murray der Polizei gesagt hatte, dieser Herzstillstand koennte von einer
ploetzlichen/schnellen Dosis vom Drip verursacht worden sein, weil es keine Infusionspumpe gab, um die Rate des Drips zu regulieren?

Dr. Steve Shafer: Nein. Das Herz ist ein ziemlich verlaessliches Organ. Es kann ploetzlich
stehenbleiben, aber nicht durch irgendetwas, das Propofol tut. Was das Herz ploetzlich zu
schlagen aufhoeren laesst ist: 1) eine Rhythmusstoerung, typischerweise von einem akuten Herzinfarkt, 2) etwas, das die Durchblutung komplett blockiert, wie die Injektion einer grossen Dosis von Luft oder einem Blutklumpen aus den Beinen, der ploetzlich den Fluss in die Lunge blockiert, 3) Gabe einer grossen Dosis von intravenoesem Kalium, was die elektrische Aktivitaet des Herzens stoert. Propofol stoppt die Atmung und es laesst den Blutdruck fallen. Keines von beiden verursacht, dass das Herz ploetzlich stehenbleibt. Soweit ich sagen kann, hat niemand jemals das Herz eines Patienten durch irgendeine Dosis Propofol stehenbleiben sehen.

MJJC: Ausgehend von Walgren's Worten im Schlussplaedoyer "wir wissen nicht, ob Michael aufwachte, um Hilfe schrie und erstickte waehrend Conrad Murray nicht in seinem Schlafzimmer war, und wir werden das nie wissen" und von Alberto Alvarez' Aussage, dass Michael's Augen und Mund weit offen waren, moechte ich Sie fragen: Koennte Michael vor seinem Tod gelitten haben und koennte er wirklich um Hilfe geschrien haben und ist erstickt, waehrend er starb? Und wenn nicht, warum seine Augen/sein Mund offen waren, wenn er im Schlaf gestorben ist?

Dr. Steve Shafer: Michael Jackson hat nicht gelitten. Er starb, weil er zu atmen aufgehoert hat. Er war zu der Zeit bewusstlos. Waere er bei Bewusstsein gewesen, haette er geatmet.

Es bedeutet gar nichts, ob die Augen und der Mund eines Patienten nach dem Tod offen oder geschlossen sind. Ich habe den Tod meines eigenen Vaters waehrend der Zeit, in der ich aussagte, miterlebt. Ich war an seinem Krankenbett. Er war immer wieder bei Bewusstsein und verlor es wieder fuer etwa 2 Stunden vor seinem Tod. Meine letzte Kommunikation von ihm, ein "OK"-Zeichen mit seiner Hand, war etwa eine Stunde vor seinem Tod. Nachdem er gestorben war, bemerkte ich, dass seine Augen und sein Mund offen waren. Ich habe sie geschlossen.

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